10. April 2017

Das Retail-Universum in der Nussschale

Auf der EuroShop ballt sich alle drei Jahre die Szene der räumlichen Markenkommunikation. So auch der Retail Design-Studiengang der HS Düsseldorf

Auf der EuroShop ballt sich alle drei Jahre die Szene der räumlichen Markenkommunikation. So auch der Retail Design-Studiengang der HS Düsseldorf

Eine Messe, viele Rollen, die ich während der 19. EuroShop ausfüllen durfte: als PR-Managerin, Bloggerin und auch als freie Autorin, unter anderem für den internationalen Verband IFES und sein erstmalig erschienenes Magazin Worldview.

Die meiste Zeit aber verbrachte ich am Messestand meines Kunden Designplus, wo das Gespräch mit Pressevertretern ein oftmals bewegtes war, wenn ich rotierende Rückzugsorte des Messestandes nutzte, um die Idee des Auftrittes „Join the ride!“ aus der Innensicht zu erklären. Die monumentale Architektursprache in Kombination mit der Drehbühne machten den Messestand definitiv zum beliebten Film- und Fotomotiv. Mit dem Messeauftritt erzählt Designplus von seiner offenen Netzwerkkultur: So durften sich Partnerunternehmen mit der ersten Ausgabe des „Designplus Collaboration Magazine“, die am Kiosk des Messestandes verteilt wurde, jeweils auf einer großzügig gestalteten Doppelseite präsentieren. Wertschätzung bekamen die Partner – so auch ich – nach der Messe erneut entgegengebracht, und zwar mit einer außergewöhnlichen Postkarte aus dem recycelten Material des Messestandes: Spanplatte. Von dieser kommunikativen Maßnahme wusste selbst ich nichts und war umso gerührter, als ich die Nachricht in meinem Briefkasten fand.

Join the ride! Designplus präsentierte sich auf der EuroShop mit einer rotierenden Messearchitektur. Foto: Peter Tijhuis
Join the ride! Designplus präsentierte sich auf der EuroShop mit einer rotierenden Messearchitektur. Foto: Peter Tijhuis

Gerne wird ja gepredigt, Messestände sollten die Gastfreundschaft und Transparenz des Unternehmens auch über das offen gestaltete Design kommunizieren. Das stimmt ja auch – aber nicht immer. So habe ich auf der EuroShop zwei ganz wunderbare Beispiele entdeckt, deren Hürden bzw. Barrieren eine magnetische oder zuvorkommende gestalterische Funktion hatten:

Nanu? Ein Wasserfall vor dem Eingang des Damböck-Messestandes, der sich ganz verhüllt gab. Das große Fragezeichen über meinem Kopf löschte der Vertriebsleiter höchstpersönlich: nach kurzem Smalltalk führte er mich zuvorkommend und trockenenen Fußes unter einem Regenschirm ins Innere des Standes  ̶  wo die nächste Überraschung auf mich wartete. Endlich durfte ich hier – geschützt vor dem Blick anderer Messebesucher  ̶  meine erste Virtual Reality-Erfahrung machen. Bislang wurde mir das Thema verleidet, weil die Nutzer mit dem Tool bei Events oftmals jenseits jeglicher Diskretion zur Schau gestellt werden. Ganz anders bei Damböck. Ich bedanke mich für einen auch sonst völlig abgeschirmten Innenraum, der mir gut gefiel, weil ich in erholsamer Waldatmosphäre Ruhe für das konzentrierte Gespräch fand.

Charmantes Hindernis vor dem Eingang des Messestandes von Atelier Damböck. Foto: Atelier Damböck
Charmantes Hindernis vor dem Eingang des Messestandes von Atelier Damböck. Foto: Atelier Damböck

Atelier Damböck hat die Abschirmung auf unterschiedlichste Art und Weise zu nutzen gewusst: mit dem Wasserfall kam das Damböck-Team unverkrampft ins Gespräch mit den Messegästen. Damböck hat es verstanden, das VR-Erlebnis als intimen Moment wahrzunehmen, ohne diesen als Attraktion zu missbrauchen. Zu guter Letzt hat Damböck den Vorteil eines kleinen Markenraumes genutzt, nicht viele, dafür aber ausgewählte Gespräche am Stand zu führen. Win-win-win-Situation also, würde ich sagen.

Abschließendes Highlight meiner ganz persönlichen EuroShop war mein Besuch bei Ladenbauer Konrad Knoblauch, ein Messeauftritt ohne „richtigen“ Messestand.

Linienbus wird Kaffeebar: Konrad Knoblauch mit einem Anti-Messeauftritt mit außerordentlichem Wohlfühlfaktor. Foto: Konrad Knoblauch
Linienbus wird Kaffeebar. Foto: Konrad Knoblauch

Auf weniger als zehn Quadratmetern verwies Knoblauch mit einer kleinen Beatbox-Show stündlich auf seinen eigentlichen Messeauftritt, und zwar jenseits der Messehallen, was müde gelaufenen Füßen einen langen Marsch abverlangte. Doch die Anstrengung wurde vollends entlohnt: mit einem ausrangierten Linienbus, den Ladenbauer Konrad Knoblauch zu einer wahren Kommunikations- und Kaffeeoase ausgebaut hat. Geschäftsgespräche fühlen sich hier bei duftendem Cappuccino und knisterndem Kaminfeuer gar nicht mehr hochoffiziell an. Und so fanden hier Textilwirtschaft-Redakteurin Anja Haak, Knoblauch-PR-Managerin Julia Kohler und ich zu einem tiefenentspannten, vertraut anmtenden EuroShop-Rückblick zusammen.

Mein krönender Messeabschluss: meine wunden Füße blieben von einem (gefühlt) langen Heimweg verschont. Der Knoblauch-Head of Design höchstpersönlich brachte mich per Shuttle Service nach Hause – ein Glück, dass ich in Düsseldorf wohne. In dieser wunderschönen Stadt, die sich alle drei Jahre in die Messehochburg der räumlichen Markenkommunikation verwandelt. Die nächste EuroShop findet übrigens vom 16. bis 20. Februar 2020 statt.

Hier geht's zu meiner kleinen EuroShop-Bilderstrecke:

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