Inspiration durch Schaffensprozess © Foto: Yannick Jaquet
In der ersten Ausgabe des Magazins Worldview zeigen verschiedene Experten und Mitglieder des IFES (International Federation of Exhibition and Event Services) ihre persönlichen Designhighlights. Um die Worldview-Leser auf das Thema einzustimmen, habe ich für meinen Beitrag „Jenseits der Spurrille des Alltags“ in Agenturen der räumlichen Kommunikation nachgefragt, wie Gestalter zu ihren Ideen kommen und was Agenturen ihren Mitarbeitern für die tägliche Inspiration bieten. Am Beispiel von AntiVJ zeige ich, was passiert, wenn man Kreative einfach mal machen lässt. In meinem Blog für Dich, werter Leser, werte Leserin, erstmalig in deutscher Sprache: „Jenseits der Spurrille des Alltags“.
Man könnte meinen, Gestalter (räumlicher Kommunikation) hätten ein zwiespältiges Verhältnis zum Begriff Trend. Auf der einen Seite verhießen die Titelthemen einschlägiger Fachmedien auch in diesem Januar Prognosen der aufkommenden Trends 2017 und spielen die Trendklaviatur alljährlich rauf und runter. Andererseits stehen alle Designer, die ich zu ihrem Verständnis des Begriffs gefragt habe, dem Thema kritisch gegenüber: verständlich! Schließlich will kein Kreativer in den Verdacht geraten, einem Trend hinterherzuhecheln.
Die Definition von Trend als verbreitete Anwendung eines Gestaltungsprinzips, als tiefgreifende Strömung und deren Beobachtung ist jedoch unerlässlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Es brauche den Gesamtüberblick über zeitgenössische Trends im Sinne des Studium generale jenseits der Gestaltung, verlangt Alexander Gialouris, Design Director bei Blackspace. „Schließlich ist das Spannende an der Gestaltung räumlicher Inszenierungen, mit jedem neuen Projekt „temporärer Spezialist“ eines anderen Themenfeldes zu werden.“ Mit der eigenen Arbeit selbst einen Designtrend auszulösen, würde aber wohl kaum einem Kreativen missfallen. Woraus aber ziehen Gestalter räumlicher Kommunikation heute Inspiration, um trendverdächtige Arbeit zu leisten?
Der heutige Alltag in Designbüros verlangt Kreativschaffenden viel Zeit vor dem Rechner ab. Was also bieten Agenturen ihren Mitarbeitern für die tägliche gestalterische Eingebung? Die Inspirationskultur von Blackspace besteht unter anderem in wöchentlichen Vorträgen, aber auch in Raum für Experimente im hauseigenen VR-Lab. Inhaltliche Inspiration wird den Mitarbeitern auch durch das sogenannte Blackmoney geboten: Jeder Mitarbeiter wird finanziell dabei unterstützt, externe Inspirationsquellen frei nach individuellen Interessen zu wählen. Einzige Vorgabe ist die Präsentation der gewonnenen Eindrücke vor dem gesamten Team, um die Horizonterweiterung mit allen Mitarbeitern zu teilen. Auf die Frage nach ihren Quellen schöpferischer Einfälle nannten Gestalter wiederholt einschlägige Medien. Mehr Bedeutung geben sie dem Blick über den fachlichen Tellerrand: Die Kommunikationsagentur r211 in Düsseldorf sucht und findet Inspiration mit Themen jenseits der einschlägigen Gestaltungskanäle: beispielsweise mit Kalligrafie-Workshops oder regelmäßigen Städtereisen.
Letztere inspirieren auch das Hamburger Gestaltungsbüro I Like Birds, bekannt für seine einprägsamen Editorial-Bilderstrecken räumlicher Installationen. I Like Birds sind Susanne Kehrer und André Gröger. Beide suchen Inspiration nur selten im direkten Arbeitsumfeld. „Das erzeugt einen sehr eingeschränkten Raum für Eigeninterpretation und einhergehende Inspiration, weil eine Lösung dafür ja schon vorgegeben ist.“, erklärt Gröger. Vielmehr finden beide schöpferische Einfälle durch die Auseinandersetzung mit der Kunst, „weil die Raum für Eigeninterpretationen offenhält.“, ergänzt Susanne Kehrer.
Es braucht also ̶ zumindest ab und an - die Befreiung aus der fachlichen Blase, die Inspiration durch Momentaufnahmen des Alltags, die einen ganz unvorhergesehen inspirieren. Und weil Prof. Lutz Engelke, Gründer und Geschäftsführer von Triad Berlin nie weiß, welche Momentaufnahme er irgendwann brauchen kann, dient ihm seine Kamera als „Assoziationsarchiv für jede Gelegenheit“.
Auch das Projekt „Mécaniques Discursives“ von AntiVJ verlässt die Spurrinne der gestalterischen Wiederkehr des Gleichen im Alltag. Die Künstler Yannick Jaquet und Fred Penelle kombinieren hier scheinbar gegensätzliche Techniken weit auseinanderliegender Epochen. Gutenberg trifft Big Data! Minutiös geplant und absurd-poetisch zugleich erscheint „Mécaniques Discursives“ wie ein Perptuum Mobilé. Jede der insgesamt 25 Installationen in elf Ländern ergibt ein neues, eigenständiges Werk und visualisiert so Inspiration durch den Gestaltungsprozess.
„Das Projekt selbst ist ein permanentes Experiment. Es macht uns viel Spaß zusammen zu arbeiten – und es macht keinen Spaß, jeden Tag das Gleiche zu tun.“, erklärt Yannick Jaquet. Wo also findet er seine Inspiration? „Die Absurdität unserer Gesellschaft ist eine nie versiegende Quelle der Inspiration. Wie viele andere Menschen müssen auch wir Wege finden, in unserer verrückten Welt zu überleben. Unsere Arbeit als Künstler ist einer der Weg, den wir dafür gefunden haben.“
zurückWas haben das Yellow Submarine und die EuroShop gemeinsam? Richtig: das Geburtsjahr. 1966 öffnete die heute weltweit führende Handelsmesse in Düsseldorf erstmalig ihre Tore. Lust auf ein paar Impressionen? Ich auch!
Wer beruflich viel liest, braucht einen besonderen Ort für die Lektüre! Wo also liest Petra Karin Kiedaisch, Verlegerin des Stuttgarter Fachverlags für Architektur und Design?