21. September 2016

Interview: 2 Plotinen für nachhaltigen Journalismus

Janina Poesch und Sabine Marinescu sind die Herausgeberinnen von PLOT, einer unabhängigen Fachzeitschrift über räumliche Inszenierung.

Janina Poesch und Sabine Marinescu sind die Herausgeberinnen von PLOT, einer unabhängigen Fachzeitschrift über räumliche Inszenierung.

Es sind diese zwei Damen, die seit 2008 an der Eroberung der Weltherrschaft über die Kommunikation im Raum arbeiten – mit großem Erfolg: Mit ihrem trockenen Humor und Charme sind Janina Poesch und Sabine Marinescu immer gerade da, wo sich die Geschichten der räumlichen Inszenierung abspielen. Ihre Fangemeinde wächst und wächst und ich bin seit Anbeginn treuer Fan des Magazins PLOT – Inszenierungen im Raum. Ich habe Janina und Sabine in ihrem Redaktionsbüro in Stuttgart besucht und mit ihnen über das Gestern, Heute und Morgen ihrer Arbeit gesprochen.

CF: Wir kennen uns seit meinen Anfängen in der „Kommunikation im Raum“-Szene bei der D’art Design Gruppe. Damals lernte ich dieses Feld erst kennen, Ihr habt zur gleichen Zeit bereits die allererste Ausgabe Eures Magazins PLOT auf den Markt gebracht – damals noch zu dritt mit Rainer Häupl. Das ist jetzt rund acht Jahre her. Was habt Ihr beiden in der Zwischenzeit für die Erlangung der Weltherrschaft unternommen?

Janina: Sehr viel – auch wenn manches erst über Umwege zum Ziel kam … In der Zwischenzeit konnten wir das elfte PLOT-Magazin herausbringen, haben eine neue Zeitschrift – MUSEeN, das Magazin für Ausstellungsmacher – ins Leben gerufen, sind als Herausgeber des Messedesign und Eventdesign Jahrbuchs sowie als Autoren von BRAND NEW aktiv und füttern – nicht zu vergessen – täglich unsere Website mit neuen Inhalten. Wir haben viele Veranstaltungen rund um PLOT konzipiert und durchgeführt sowie mit Matthias Straub selbst ein Forum für gut gestaltete Printprodukte ins Leben gerufen. In den letzten acht Jahren ist wirklich viel passiert und sie gingen rasend schnell vorbei. Das Tollste ist aber, dass wir Szenografie und Kommunikation im Raum nicht mehr buchstabieren oder komplett neu erklären müssen. Die Begriffe haben sich mittlerweile etabliert und es freut uns ungemein, dass nicht nur so viele Gestalter in dieser Disziplin tätig sind, sondern auch, dass viele Unternehmen und Museen mittlerweile die Vorzüge von gut gestalteten Inszenierungen nicht mehr von der Hand weisen können – und wollen.

 

„Unsere Gestaltungsdisziplin ist immer noch nicht da, wo sie sein könnte.“

 

CF: Und wie weit seid Ihr bis heute mit Eurem Plan gekommen, die Weltherrschaft über die Kommunikation im Raum zu übernehmen?

Sabine: Wir sind noch lange nicht fertig. Es gibt einfach zu viel zu tun! Unsere Gestaltungsdisziplin ist immer noch nicht da, wo sie sein könnte. Es gibt nach wie vor sehr viele Institutionen und Marken, die lieber alles selbst machen möchten und ungern auf Experten zurückgreifen. Da können wir als Plattform noch sehr viel Aufklärungsarbeit leisten. Und so eine Weltherrschaft will ja auch von langer Hand geplant sein…

CF: Im Herbst letzten Jahres seid Ihr mit einem weiteren szenografischen Fachmagazin – MUSEeN – an den Start gegangen. Warum?

Janina: MUSEeN gibt es, weil wir gemerkt haben, dass die szenografische Zusammenarbeit zwischen Museumsleitern, Kuratoren und Ausstellungsgestaltern nicht überall reibungslos verläuft und wir generell über eine bessere Ausstellungskultur nachdenken sollten. In vielen Museen wird immer noch hin-, nicht ausgestellt. Das ist sehr schade und es geht sehr viel inhaltliches und natürlich auch räumliches Potential verloren. Wir wollen nicht nur zwischen den jeweiligen Parteien vermitteln, sondern sowohl gute Beispiele als auch aktuelle Trends im Ausstellungsbereich besonders hervorheben.

Die Titel der aktuellen Ausgaben von PLOT und MUSEeN.

CF: Erzählt doch mal meinen Lesern, was Ihr den ganzen Tag so treibt – und was davon am meisten!

Janina: Haha, das ist schnell beantwortet: Wir schreiben E-Mails. Und wenn wir das nicht tun, dann vergraben wir uns in Excel-Tabellen und Word-Dokumenten. Aber zum Glück gibt es immer wieder Phasen, in denen wir sehr viel unterwegs sind, mit Gestaltern und Herstellern sprechen, auf Messen, Konferenzen und Festivals sind und uns natürlich so viel Ausstellungen wie möglich anschauen. Dann haben wir wieder genügend Futter, um uns Excel und Word zu widmen …
Wir erzählen gerne, wie es vor der ersten Ausgabe war: Damals wusste fast niemand von uns und unseren Weltherrschaftsplänen. Wir hatten zwar ein Büro, aber wir konnten „einfach nur ein Heft machen“ – ohne, dass jemand mit einer dringenden Anfrage anrief. Mittlerweile sind wir nicht mehr allein eine Redaktion, sondern auch Post- und Vertriebsstelle, Abo-Service, Marketing-Expertinnen, Reiseverkehrskauffrauen, Buchhalterinnen, Rampensäue, Mädchen für alles und und und...

CF: Was ist Euer Plan für 2017?

Sabine: 2017 sollen natürlich wieder die jährlichen Publikationen erscheinen, aber unser Plan sieht noch für dieses Jahr vor, eine Plattform für den Szenografie-Nachwuchs zu launchen: PLOTrookies. Hier sollen sich Studierende austauschen, informieren und natürlich ihre spannenden Projekte präsentieren können. Außerdem überlegen wir schon lange, einen Award für gut gestaltete Inszenierungen im Raum ins Leben zu rufen, aber hier stecken die Planungen noch in den Kinderschuhen.

 

„Weniger Excel, mehr Weltherrschaft“

 

CF: Da habt Ihr Euch ja ganz schön viel vorgenommen! Wo seht Ihr Euch denn in zehn Jahren?

Sabine: Gute Frage! Toll wäre, wenn wir dann nicht mehr ganz so viel im Kleinen organisieren und kalkulieren müssten, sondern uns eher den großen, übergreifenden Dingen widmen könnten. Also weniger Excel, mehr Weltherrschaft.

CF: Mit meinem Blog „Geschichten im Raum“ bin ich unter anderem der nachhaltig ausgerichteten Kommunikation im Raum auf der Spur. Wie seht Ihr die journalistische Nachhaltigkeit des Feldes KiR? Was hat sich in Eurer Zeit als Herausgeberinnen von PLOT für unser Feld getan?

Janina: Als wir anfingen, gab es – journalistisch gesehen – für unser Feld noch gar keine Heimat. Deswegen haben wir PLOT 2008 auch gegründet. Es gab weder Blogs noch Magazine, die sich dem Thema Inszenierungen im Raum gewidmet haben und sich an die Gestalter richteten. Da hat sich natürlich in den letzten Jahren viel getan. Alleine die Blog- und Online-Magazin-Kultur hat sich extrem verändert bzw. ist eben in diesen acht Jahren erst entstanden. Inhalte sind für jeden jederzeit zugänglich. Das war damals noch nicht so extrem und Magazine widmeten sich strikter ihrer jeweiligen Sparte. Auch das hat sich geändert und Plattformen inspirieren ihre Leser immer häufiger auch mit anderen Disziplinen. Das ist schön, verwässert aber auch so manches. Aber die heutige Mediennutzung verlangt dies. Schade ist, dass kaum jemand bereit ist, für gut aufbereitete Inhalte Geld zu bezahlen. Das verstehen wir: Es gibt einfach zu viel und irgendwo im World Wide Web wird man schon fündig. Als Herausgeber sehen wir das aber kritisch, denn so zerstören wir uns leider nachhaltig unser Berufsbild.

CF: Helft meinen Lesern – und auch Euren – doch mal auf die Sprünge: Wie könnte denn die Unterstützung von unabhängigen Medien wie PLOT konkret aussehen? Welche Möglichkeiten neben klassischer Anzeigenschaltung gibt es, um unabhängige Medien wie PLOT zu unterstützen?

Janina: Am besten regelmäßiger Leser und damit Teil der „Gemeinde“ werden! Natürlich finanzieren auch wir uns über Anzeigen, aber eben auch durch Abo-Verkäufe und stete Unterstützung – sei es bei der Hilfe, bekannter zu werden oder bei der Findung von aktuellen Themen. Wir freuen uns auch immer, wenn unsere Expertise gefragt ist und wir unsere Disziplin mit Vorträgen, Diskussionsrunden oder anderen Formaten noch bekannter machen können.

CF: Was also wünscht Ihr Euch konkret von mir als Bloggerin für den langfristigen Erhalt unserer gemeinsamen Zunft als Texter und Kommunikatoren? Wie können wir Blogger und Journalisten unsere Branche stärken?

 

„In unserem Bereich sollte qualitätsvolle Kommunikation ganz oben auf der Agenda stehen.“

 

Sabine: Indem wir auf Qualität achten und diese auch stets wahren – auf lange Sicht haben wir die Hoffnung, dass sich Qualität durchsetzen wird und gut aufbereitete Inhalte immer relevanter sein werden als Veröffentlichungen, bei denen Pressemitteilungen 1:1 kopiert oder lediglich Links publiziert werden. Das ist schließlich unsere Aufgabe: Themen erkennen, diese für die Leser spannend aufbereiten (und verifizieren) und sie dann vermitteln. Das vergessen viele Journalisten und Blogger gerne und kopieren einfach nur irgendwas zusammen, ohne weitergehend zu recherchieren. Wir denken und hoffen, dass die Leser das merken und dementsprechend qualitativ hochwertigen Magazinen und Blogs eher ihre Unterstützung zusagen. Davon haben alle mehr … Und gerade in unserem Bereich sollte qualitätsvolle Kommunikation ganz oben auf der Agenda stehen.

Die Schlussredaktion von PLOT#11.

CF: Was wünscht Ihr Euch ganz persönlich von der Szene für Eure Arbeit?

Janina: Mehr Mut, auch gewagte Konzepte durchzusetzen – dies aber vor allem von Seiten der Auftraggeber. Und für uns wünschen wir uns mehr Feedback! Denn nur mit konstruktiver Kritik – egal ob positiv oder negativ – können auch wir besser werden und auf die Wünsche unsere Leser eingehen, um dann zusammen die Weltherrschaft zu erlangen …

CF: Vielen Dank Euch beiden für das spannende Gespräch!

Fotocredit Portrait: Quimey Servetti; alle weiteren Fotos: PLOT

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